Eigentlich lackieren wir doch nur! Meistens jedenfalls. Immer wieder fragen Neueinsteiger dasselbe: Muss das so viel kosten? Die Antwort darauf von den üblichen Verdächtigen ist meist dieselbe: Finger weg von dem billigen Geraffel! Und das hat seinen guten Grund.
Verständlich ist der Wunsch nicht gleich zu Beginn den Gegenwert einer oder gar zwei Lokomotiven auf den Tisch legen zu müssen. Daher will dieser Schritt wohl überlegt sein.
Die Arbeiten an der Modellbahn sind zwar eher feine Lackierarbeiten und haben mit klassischer Airbrush-Kunst weniger zu tun, auch wenn es sich nicht ausschließt. Aber auch wenn wir keine foto-realistischen Bilder oder Souvenirs malen wollen, sollte es nicht die billigste Pistole vom Wühltisch sein.
Das Luftpinseln hat seine Tücken und der Umgang damit erfordert einiges an Übung und Geduld. Entscheidend ist, zumindest meiner Meinung nach, dass man die anfänglichen Hürden schnell überwindet, so dass aus einer Notwendigkeit ein Handwerk wird. Dies ist sicherlich abhängig von der Länge des persönlichen Geduldsfadens, aber halt eben auch von der Qualität und Zuverlässigkeit des Arbeitsgeräts. Sonst ist Frust vorprogrammiert!
Leicht zu reinigen
Tatsächlich verbringt man einen großen Teil des Airbrush-Lebens mit dem Reinigen der Pistole. Das erscheint einem zu Anfang recht lästig, ist es auch und es macht auch später nicht mehr Spaß als das Brushen selbst. Aber man gewöhnt sich doch daran. Hier spielt eine gut durchdachte Pistole ihre Stärken aus.
Wichtig ist daher, dass man sie mit möglichst wenig Handgriffen in die wichtigsten Teile zerlegen kann, ohne dafür Werkzeug zu benötigen. Es sollte reichen, wenn man die Teile handfest zusammenschraubt, mit so wenigen Umdrehungen wie nötig.
Nicht alle Teile müssen jedes mal zerlegt werden: Griff abschrauben, Kopf mit Düse abschrauben, Fixierung der Nadel lösen, Nadel nach vorne durchschieben und herausziehen.
Der Hebelmechanismus kann zumeist im Schaft verbleiben. Dass die Nadelführung geöffnet werden muss, sollte nur ganz selten nötig sein, es sei denn, die Dichtungen müssten getauscht werden. Eine mechanisch solide Konstruktion erleichter auch dieses.
Zwischen den Farben ist es auch nur selten notwendig, die Pistole komplett zu zerlegen. Bewährt hat sich an dieser Stelle der Airbrush Reiniger von Schmincke für die Farben mit Wasser als Lösungsmittel. Dieser ist sehr ergiebig und kann großzügig mit 2-4 Teilen destilliertem Wasser verdünnt werden.

Ein paar einfache Regeln helfen dabei, die Gun möglichst schnell wieder einsatzbereit zu bekommen:
- Restfarbe NICHT durch die Düse sprühen
Reiniger in den Farbbehälter füllen, mit einem Pinsel aufrühren und nach oben auslehren. Die angetrockneten Reste am Rand des Behälters könnten sonst die Düse verstopfen und schlimmstenfalls das Spritzbild versauen. Ein Sammelgefäß nahe der Spritzkabine ist dabei sehr hilfreich. - Blubbern lassen
Nach zwei bis drei Spülungen sollte der Reiniger kaum noch Farbe anlösen und kann durch die Düse gesprüht werden. Dabei kann man die Düse mit den Fingern oder einem Tuch etwas zu halten, wodurch die Druckluft den Reiniger im Behälter Blasen werfen lässt. Normalerweise löst sich dabei noch etwas Farbe im Düsenbereich. - Leer sprühen
Lässt man die Gun mit dem Reiniger im Behälter stehen, kann es passieren, dass die Kapillarwirkung diesen durch die Dichtungen in den hinteren Teil der Gun zieht, wo man das Zeug nicht haben will und man schlimmstenfalls das Ventil reinigen darf. Also einfach den letzten Rest Reiniger durch die Düse jagen. Eventuell auch noch ein paar Tropfen destilliertes Wasser zum Schluss.
Damit ist die Pistole in wenigen zig Sekunden eigentlich bereit für die nächste Füllung. Ausnahmen gibt es, wenn die Art der Farbe bzw. das Lösungsmittel gewechselt wird, von Acryl zu Enamel beispielsweise. Auch Metallic-Farben benötigen etwas mehr Zuneigung, bis sich keine Reste mehr in der Pistole finden.
Am Ende des Tages sollte man noch ein paar Schritte mehr tun:
- Airbrush zerlegen
Düse abschrauben und die Teile sicher ablegen. Hinteren Schutz abschrauben, Nadelfixierung lösen und die Nadel nach vorne durchschieben und vorsichtig ohne zu biegen aus der Pistole ziehen. Nadel und Düse sind das Empfindlichste an der Pistole! - Nadel und Dichtungen reinigen
Die Nadel durch ein mit Cleaner benetztes Tuch ziehen und mit etwas Cleaner benetzen. Dann umgekehrt vorsichtig mit der Spitze voran auf der Düsenseite in den Nadelkanal schieben und wieder heraus ziehen. Nadel sicher beiseite legen. - Düse reinigen
Mit einem geeigneten Reiniger und Cleaner die Düse vorsichtig von innen reinigen. Manche nehmen dafür eine alte, etwas angeraute Nadel. Ansonsten tut es auch ein Zahnstocher oder Zubehör für die Zahnpflege. Es gibt auch spezielle Reinigungsgeräte. Manche Düsen sind sehr dünn und mechanisch nicht sehr belastbar. Daher stets vorsichtig arbeiten! - Farbbecher endreinigen
Mit einem Wattestäbchen oder verzwirbeltem Küchentuch den Farbbecher am unteren Ende reinigen, wo normalerweise die Nadel durchläuft. Den Rest der Pistole mit einem Tuch von Farbresten befreien. Soll ja auch außen ordentlich aussehen.
Einfach liegen lassen
Schraubt man den Airbrush nun gleich wieder zusammen, kann es passieren, dass im Nadelkanal einzelne, zurückgebliebene Partikel Farbe die Nadel verkleben. Daher lasse ich die Pistole üblicherweise einfach zerlegt vor sich hin trocken und setze sie erst vor der nächsten Verwendung wieder zusammen.
Meist ist das aber auch kein Beinbruch und die Nadel löst sich wieder. Im schlimmsten Fall bleibt einem jedoch nichts anderes übrig, als die Pistole mit der Spitze voran in Reinigungsmittel zu legen, bis sich die Nadel herausziehen lässt. Besser vermeiden!

Verschiedene Düsendurchmesser
Je nachdem, was man für Farben verarbeiten möchte, braucht man unterschiedliche Düsen. Die handelsüblichen Arcyl-Farben lassen sich meist mit größeren Düsen besser verarbeiten, für Vallejo-Farben funktionieren z.B. 0,4 mm sehr gut. Je dünner die Farbe, desto dünner darf die Düse sein. Die Airbrush-Farben von Schminke vertragen eine 0,2 mm Düse. Feinere Düsen funktionieren nur noch mit sehr dünnen, tintenartigen Farben.
Für den Anfang sind Kunstharz-Farben (vulgo Enamel-Farbe) unter Umständen einfacher in der Handhabung, da sie nicht ganz so schnell trocknen wie Acrylfarben. Sie stellen weniger Anforderungen an die Pistole und sorgen für eine schnellere Lernkurve. Allerdings zum Preis von mehr Geruchsbelästigung.
Double Action vs. Single Action
Bei einer Single Action stellt man die Farbmenge fest ein und löst über das Ventil den Luftstrom aus. So arbeiten auch klassische Spritzpistolen aus dem Malerzubehör. Das funktioniert gut und man kann mit einer Single Action hervorragende Ergebnisse erzielen.
Bei der Double Action wird mit dem Hebel sowohl Luftmenge als auch Farbmenge geregelt. Das erfordert im ersten Moment etwas mehr Koordination, ist aber erheblich flexibler. Während man bei der Single Action mehr oder weniger auf die Farbmenge festgelegt ist, kann man sie bei der Double kontinuierlich verändern wie es gerade erforderlich ist.
Es gibt auch Pistolen, welche die Luft andauernd offen lassen und die Farbmenge über den Hebel steuern (Herpa). Ich fand das auf Dauer nicht so angenehm und würde dann letzlich auch ein zusätzliches Ventil für die Luftzufuhr in den Schlauch einbauen. Dann kann man aber auch gleich eine Double…
Und wofür ist ein Quickfix? Dieser macht aus einer Double Action praktisch fast wieder eine Single indem die maximale Farbmenge einstellen kann. Das geschieht einfach durch eine mechanische Begrenzung des Hebelweges. In der Luxusvariante kann man die mit einem Griff einrasten und wieder rausspringen lassen. In der einfacheren Variante muss man paar mal drehen.
Verfügbarkeit der Ersatzteile
Ein wichtiges Kriterium ist für mich, dass ich auch morgen noch Ersatzteile bekomme. Nadel und Düse sind die empfindlichsten Teile und müssen unter Umständen ersetzt werden. Auch die Dichtungen unterliegen einer gewissen Alterung, werden spröde und müssten getauscht werden.
Klar kann ich mir auch einfach eine neue billige Pistole kaufen. Immerhin kostet die weniger als ein Düsensatz für die Gun eines hiesigen Herstellers. Aber umsonst ist das auch nicht, von Nachhaltigkeit nicht zu reden.
Und welche soll es nun werden?
In meinem bisherigen Leben hab ich ein paar Pistolen angesammelt:
- Die ganz billige von Revell
Uaaaaargs! Die heutigen sind ein klein wenig besser als die damaligen. Aber dennoch taugen die Dinger nur zum abgewöhnen. Das Beste was man darüber sagen kann ist, dass mit etwas Glück irgendwie Farbe rauskommt. Bitte, bitte liegen lassen. Revell hat besseres im Programm! - Eine Student von Revell
Die Düse ist denen von Badger erstaunlich ähnlich. Mit dieser Single Action habe ich länger gelebt, bin aber nie wirklich gut damit zurecht gekommen und irgendwann war die filigrane Düse gerissen und damit unbrauchbar. Dafür kann die Pistole allerdings nichts. - Eine Masterclass von Revel
Eigentlich eine Vega 2000. Grundsätzlich eine solide Gun, durch die robuste Düse leicht zu reinigen. Allerdings ist die Nadelführung mittlerweile etwas ausgeleiert. - Eine Herpa
An sich eine gute Lösung und für den Bedarf des Modellbahners durchaus brauchbar. Für feinere Arbeiten würde ich aber zu anderen Geräten greifen. Auch für längeres Arbeiten wegen der durchgehenden Luft zu stressig. - Eine Infinity von Harder & Steenbeck
Meine aktuelle Gun mit der ich sehr zufrieden bin. Und das nicht, weil sie preislich mehr am oberen Ende der Skala angesiedelt ist. Nein, sie ist einfach gut gemacht!
Für unseren Bedarf ist ein Top-Loader (Farbtopf oben) meist besser geeignet als eine Pistole mit Saugbecher (Farbe von unten). So können auch kleine Mengen Farbe Tropfenweise verarbeitet werden und die Reinigung geht nochmals schneller von der Hand. Für größere Flächen kann die Bechervariante ein Vorteil sein.
Fragt mich heute jemand, rate ich normalerweise zu einer Evolution von Harder & Steenbeck (Strassenpreis ab ca. 120 EUR). Diese Pistole ist ein guter, wertiger Kompromiss eines einheimischen Herstellers und hat sich bereits vielfach bewährt. Mit der Ultra (ab ca. 70 EUR) gibt es eine günstige Einsteigervariante welche die wesentlichen Teile mit ihren Schwestern teilt. Die Infinity (ab ca. 200 EUR) ist etwas luxuriöser mit besserer Chromierung und ein paar kleineren Extras. Alle drei haben dieselbe Nadel/Düsen-Technologie und sind ihren Preis in jedem Fall wert.
Letztlich merkt man es auch schnell, wenn man gute Qualität in der Hand hat. Die Verschraubungen sind solider, die Chromierung haltbarer und blättert nicht so schnell ab. Die Justierung ist einfach, die Nadel sitzt gerade und der Nadelkanal ist dicht.
Und was ist nun mit der günstigen aus China?
Ein erfahrener Brusher wird auch mit einer Airbrush aus Fernost arbeiten können. Vielleicht muss hier und da noch etwas justiert und gerichtet werden, aber ansonsten wird es gehen. Immerhin ist der finanzielle Verlust nicht so heftig, kann man also schon mal testen.
Warum rate ich dennoch zum Markenprodukt? Weil es den Einstieg deutlich vereinfacht! Wenn man schon mal weiß, dass es nicht an der Gun liegt, sondern an der Bedienung, ist das hilfreich. Und wenn es dann doch net klappt, kann man sie zu einem guten Tarif auch wieder veräußern. Und wenn es gut läuft, lässt sich diese auch noch erweitern.
Noch idealer ist allerdings, wenn man jemanden hat, der einem bei den ersten Schritten hilft. Workshops werden von den meisten Händlern angeboten oder vermittelt. Ansonsten heißt es leider immer noch: Üben, üben, üben!
Happy Brushing!

Danke für diesen super Beitrag. Das hat mir sehr weiter geholfen 🙂