Airbrush für Modellbahner: Teil 5 – Schritt für Schritt zum alten Wagen

Nun brauchen wir eigentlich nur noch ein Opfer. Der Roco Wagen mit dem kleinen Kessel ist ein schon etwas betagtes Modell, das in verschiedenen Versionen erhältlich war. Das qualifiziert ihn in jedem Fall als Testobjekt!

Tatsächlich sind die Varianten mit Mineralöl eher unwahrscheinlich, das Vorbild dürfte ein 22m³ Chemiekesselwagen gewesen sein. Ein Bild davon findet sich in der ersten Ausgabe der „Faszination Spur N“ auf Seite 68 in der Marktübersicht über die zweiachsigen Kesselwagen von Andreas Bauer-Portner. Das Foto ist auch die Vorlage für die nachfolgenden Schritte, wenngleich auch mit einer kleinen Abwandlung.

Bild 1: Wagen zerlegen

Der Wagen lässt sich relativ leicht zerlegen. Die Bühne ist gesteckt und lässt sich mit etwas Gefühl abhebeln. Die Aufstiegsleiter ist an der Bühne und seitlich am Wagen eingesteckt. Der Kessel besteht aus zwei Teilen, die für die weitere Behandlung am Stück bleiben können. Bei der Gelegenheit kann man auch noch die Abdeckungen der Kupplungen kürzen, damit diese nicht so auftragen. Eigentlich halten sie auch ohne umknicken, ansonsten hilft etwas Sekundenkleber.

Bild 2: Das neue Geländer

Von FKS Modellbau stammen die neuen Geländer. Der Bausatz wird nach Plan zusammengelötet. Eine kleine Modifikation betrifft das innere Geländer, das beim Vorbild etwas zierlicher ist: die Stege werden bis auf die oberste Sprosse entfernt und diese nach vorn hochgebogen (siehe Bild 12 weiter unten). Zusätzlich erhält der Wagen noch neue Hochleistungspuffer von der Drehbank. Und die obligatorischen Rangiergriffe dürfen natürlich nicht fehlen.

Bild 3: Anätzen der Metallteile

Metallteile sollten vor der Lackierung angeschliffen werden. Bei solch feinen Teilen ist das praktisch nicht möglich. Eine etwas unorthodoxe Variante ist ein kurzes Bad in Eisen-III-Chlorid, ein gängiges Ätzmittel für Platinen und Bleche das man als 40%ige Lösung im Handel bekommt. Es genügen einige Sekunden in der Flüssigkeit, um die Oberfläche leicht an zu ätzen. Danach sollten die Teile direkt in reichlich Wasser gebadet werden, um die Reaktion zu beenden. Idealerweise noch ein zweites Bad im Anschluss. Dann einfach zum Trocknen auslegen oder mit Druckluft aus dem Airbrushkompressor trocken pusten.

Bild 4: Baden in Benzin

Eigentlich sollte das Ätzbad eine recht sauber Oberfläche hinterlassen. Um eventuelle Fettreste zu entfernen, baden die Teile noch in Feuerzeugbenzin.

Bild 5: Grundierung

Alle Metallteile erhalten nun einen Grundanstrich. Die Primer Serie von AK Interaktiv ist eine gute Alternative zu den Grundierungen aus der Sprühdose und kann direkt in die Gun gefüllt werden. Wie der Geruch unzweifelhaft belegt, ist diese lösemittelhaltig und damit auch fettlösend. Zum Reinigen empfiehlt der Hersteller seine eigenen Mittel, ob es auch handelsübliche Universalverdünnung täte, habe ich nicht probiert. Zusammen mit der Anätzung haftet die Farbe so gut, dass man auch mit der Pinzette drüber schrappen kann, ohne dass die Grundierung abgeht. Bis dato die beste Lösung.

Bild 6: Stopfen verstecken

Die kleinen Stopfen für die Löcher der ehemaligen Bühnenbefestigung erhalten eine Grundierung, die in etwa der Kesselfarbe entspricht.

Bild 7: Noch ein Bad in Benzin

Alle Teile des Wagens nehmen zunächst auch ein Bad in Feuerzeugbenzin, um allfällige Fettrückstände zu entfernen. Der Vorteil gegenüber Spülmittel und Wasser ist die schnelle Trocknung. Und dass man das Zeug eh in der Nähe stehen hat.

Bild 8: Maskierung der Anschriften

Der Wagen auf dem Vorbildfoto ist deutlich heller als das Roco Modell. Da besteht die Gefahr, dass die Kontraste zu hart werden, wenn man den Filter an den Anschriften wieder abnehmen will. Darum kommt an dieser Stelle die Abwandlung eines alten Tricks zur Anwendung, bei dem der Kessel nur im Bereich der Logos und Anschriften frisch lackiert wurde. Das sieht man tatsächlich gerade bei den Kesselwagen relativ häufig, sollte aber nicht bei jedem Wagen gemacht werden. Die betreffenden Bereiche werden dazu mit Tamiya Maskingtape abgeklebt. Auch die Basis des Kessels wird abgedeckt und fixiert praktischerweise den Kessel auf einem Stück Styrodur.

Bild 9: Kessel grundieren

Nun erhält der Kessel eine erste, deckende Schicht mittelgrauer Farbe. XF-54 kommt dem Original ausreichend nahe. Ich bilde mir ein, dass die Farbe besser haftet, wenn sie mit Revell Airbrush Cleaner verdünnt wird, da dieser relativ langsam verdunstet und möglicherweise den Kunststoff etwas anlöst. Grundsätzlich funktioniert auch der originale Verdünner von Tamiya, sowie notfalls auch reines Isopropanol. Verdünnen sollte man die Farbe aber in jedem Fall etwas. Sahne oder Milch ist am Ende Geschmacksache, an dieser Stelle lackieren wir, da spielt das Spritzbild eine untergeordnete Rolle. Jedoch lässt sich zu dicke Farbe schlecht brushen, die Gun verstopft und die Oberfläche wird rauh.

Bild 10: Maskierung teilweise entfernen

Für den nächsten Schritt kommt die Maskierung der Logos und Anschriften wieder runter. Dabei sorgsam darauf achten, dass die lackierten Flächen keine Kratzer bekommen. Fallweise kann man das auch in mehreren Schritten machen.

Bild 11: Ausbleichen

Nun wird der gleiche Farbton nochmal deutlich verdünnt. Etwa das 10-fache an Verdünnung dürfte etwa hinkommen. Hier gilt der Spruch: weniger ist mehr! Diese Schicht soll bewusst nicht decken, nur einen leichten Schleier über die Modelle legen, um ausgeblichenen Lack zu simulieren. Die Anschriften und das Logo bleiben noch gut sichtbar. Fallweise funktioniert dies auch für das komplette Modell, wenn die Farbe des Herstellers passt. Damit sollte nun auch der Glanz verschwinden und das gesamte Modell mattiert erscheinen.

Bild 12: Geländer einfärben

Auch die Geländer dürfen etwas Farbe abbekommen, dürfen dabei aber etwas dunkler bleiben als der Kessel. Hier sieht man auch gut, wie das innere Geländer bearbeitet wurde.

Bild 13: Anschriften säubern

Der nachfolgende Schritt braucht etwas Übung und sollte mit Bedacht angegangen werden. Um die Anschriften wieder von der Farbe zu befreien wird ein Pinsel in wenig hochprozentiges Isopropanol getaucht und wieder an einem Tuch abgewischt. Mit dem fast trockenen Pinsel nun senkrecht über die Anschriften streichen. Dabei löst sich ein Teil der Farbe, der Rest bildet Streifen in der Richtung des ablaufenden Regenwassers. Dabei bleibt die mattierende Wirkung weitestgehend erhalten, aber die Schriften treten wieder klar hervor.

Die deckend lackierten Bereiche sollten dabei möglichst wenig bearbeitet werden. Ist die Farbe zu dick aufgetragen, löst sich die ganze Schicht und der Untergrund wird deutlich sichtbar. Ein paar vorsichtige senkrechte Pinselstriche sorgen für die ersten Wetterspuren.

Bild 14: Basislackierung
Bild 15: Anschriften übernebeln
Bild 16: Anschriften freilegen

Die Lackierung des Untergestells erfolgt praktisch nach dem gleichen Prinzip. Bremsstaub und Dreck sorgen hier für eine gleichmäßige Patina. Zunächst werden die Anschriften mit Masking Tape abgedeckt. Eine dunkelbraune Mischung aus XF-64, XF-9, etwas XF-1 sowie Airbrush-Cleaner wird großzügig auf das Teil genebelt. Nach dem Abziehen der Masken wird dieselbe Farbe in starker Verdünnung auf die Anschriftentafel genebelt und mit Isopropanol wieder abgewischt. Auch hier die Farbe senkrecht nach unten abziehen.

Bild 17: Kesselunterseite einsauen

Die Unterseite des Kessels liegt mehr oder weniger frei, so lagert sich auch dort schnell der typische rostbraune Schmodder ab. Auch das Fahrwerk kann noch ein paar Akzente vertragen. Beispielsweise im Bereich der Bremsanlagen und Achshalter. Dafür kommt zu den obigen Farben noch etwas XF-3 in die Mischung, um einen etwas rostigeren Farbton zu erzielen.

Bild 18: Rangiergriffe ankleben

Die Rangiergriffe von FKS-Modellbau sind fast schon ein Klassiker. In diesem Fall testen wir eine Variante mit verkleinerter Klebefläche. Nach einem Bad in der Ätzflüssigkeit und der Grundierung wurden diese vorab bei günstiger Gelegenheit mit dem dunkelbraunen Farbton lackiert. Nun müssen sie nur noch unter den Puffern plaziert und mit UHU Strong & Safe fixiert werden. Dieser Kleber bleibt etwas elastisch und die Teile laufen weniger Gefahr abzufallen.

Bild 19: Streifen pinseln

Um die recht typischen Ablaufspuren zu erzeugen, ist zur Abwechslung wieder Pinselarbeit gefragt. Es gibt eine ganze Palette verschiedener Washes dafür. Relativ jung ist die Acrylversion von Vallejo. Der Vorteil ist, dass hiermit ein zusätzlicher Layer ohne Zwischenlackierung möglich wird. Dennoch lassen sich diese Lasuren ähnlich wie solche auf Enamel-Basis verarbeiten. In diesem Fall sollen es eher hellere Streifen werden, der weiße Wash ist hierfür etwas zu schwach und wird mit etwas weißer Model Air Acrylfarbe quasi angedickt. Der Pinsel sollte fast trocken sein, um möglichst feine Linien zu erzeugen, also an einem Tuch gut abwischen.

Bild 20: Kesseloberseite brushen

So, als letzter Gang mit der Airbrushpistole erhält der Kessel oben drauf noch etwas Schmutz aufgenebelt. Typischerweise sind die Kesselenden an der Kante etwas weniger verschmutzt. Um dies nachzubilden wird ein Streifen Maskierung (im Zweifel auch gerne etwas breiter) mit leichtem Überstand quer auf den Kessel geklebt und dann von schräg oben auf die Seite gebrushed.

Bild 21: Geländer festkleben

Nun können auch endlich die Geländer auf den Wagen geklebt werden. Der UHU Strong & Safe ist zwar ein Kleber auf Basis von Cyanacrylat, aber er benötigt doch ein paar Sekunden mehr, bis er richtig anzieht. Das hat den Vorteil, dass man die Klebung auch noch etwas besser korrigieren kann, als mit Sekundenkleber-Gel. Die Mutter hält das Geländer derweil in Position.

Bild 22: Zettel und Bremsumsteller weiß auslegen
Bild 23: Federpakete anrosten
Bild 24: Fett am Pufferteller
Bild 25: Hebel anmalen

Zum Abschuss folgen noch eine ganze Reihe Detailarbeiten. Der Zettelkasten ist in diesem Fall schon bedruckt, was zugegeben bei dem Alter des Fahrzeugs etwas überrascht! Dennoch erhält er einen kleinen Klecks Farbe, damit das etwas unruhiger wird. Die Federpakete und Bremsklötze lassen sich gut mit Dark Rust von AK Interaktive hervorheben. Das Fett am Pufferteller entsteht diesmal mit Dark Grey Blue von Vallejo, das sonst übliche Abwaschen mit Reiniger funktioniert nur bei schwarzem Kunststoff und würde hier im Zweifel das Messing wieder erscheinen lassen. Die Bremsumsteller werden zunächst weiß ausgelegt und dann rot und gelb angemalt. Dafür eignen sich die Tamjya Farben sehr gut. Insbesondere das Gelb deckt hier hervorragend.

Bild 26: Enamel Wash aufpinseln

Die letzte Ölung bekommt der Wagen mit Dark Wash von MIG auf Enamelbasis. Hiermit wird sowohl der Kessel im Bereich der Kesselringe als auch das Fahrgestell eingesaut. Mit Feuerzeugbenzin kann man den Wash steuern, so dass die Farbe vor allem in den Vertiefungen hängen bleibt. Dabei stets senkrecht arbeiten, das Wasser läuft ja nach unten ab, die Wagen stehen mehr rum, als dass sie fahren.

Nun durfte der Wagen mal fürs Foto posieren. Erst hier ist mir aufgefallen, dass ich diese Löcher an der Seite eigentlich noch verschließen wollte, das muss ich noch nachholen. Dahinter steht noch ein vierachsiger Kesselwagen von Fleischmann, der auch bei der VTG eingestellt ist. Zurüstung und Alterung dieses Wagens finden sich in der Ausgabe 3 der Faszination Spur N.

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