Wie Schnee im Sommer

Sehr spontan entstand auf einem FREMO-Treffen die Idee sich mit näher mit den Tal 963 zu beschäftigen die Trix letztes Jahr ausgeliefert hat. Bei näherer Betrachtung gibt es Weiß doch in vielen Schattierungen.

Ein typisches Einsatzgebiet dieser Wagen ist der Transport von Kalk. Sucht man im Netz nach „Kalkzug“ finden sich einige Bilder auch dieser Wagen. Auch im Buch „Güterwagen DB AG • DB Cargo • Railion • DB Schenker Rail“ (Stefan Carstens, Per Topp Nielsen, Gerhard Fleddermann) finden sich einige Bilder dieser Wagen mit eindeutigen Betriebsspuren: im wesentlichen sind die Wagen vom Kalk fast vollständig weiß gefärbt.

Auf den zweiten Blick finden sich dann doch deutliche Unterschiede. Mit der Zeit bildet der Kalkstaub offensichtlich eine dicke Kruste. Wie es dazu kommt ist unklar, aber bei vielen Wagen scheint diese vor allem an den Seiten abgeplatzt zu sein. Die zum Betrieb nötigen Anschriften werden augenscheinlich öfter gereinigt oder die Felder unabhängig vom Rest des Wagens frisch lackiert. Dadurch bieten sich einige Gestaltungsmöglichkeiten, insbesondere durch den Einsatz verschiedener Chipping-Techniken.

Das bessere Haarspray

Historisch wurden für das klassische Chipping verschiedene Mittelchen benutzt die im Grunde immer ähnlich funktionieren. Zunächst wird das Modell in einer Farbe lackiert die einer Grundierung entspricht. Bei der Salzmethode wird grobes Salz auf angefeuchtet Fläche gestreut, oder man sprüht Haarspray auf die Fläche. In beiden Fällen bildet sich eine Trennschicht auf der die Deckfarbe wenig Haftung findet und sich dann abkratzen lässt. Beides lässt sich auch kombinieren, aber je nach Salz und Haarspray sind die Ergebnisse recht unterschiedlich und es braucht etwas Erfahrung um das gewünschte Ergebnis zu erhalten. Insbesondere die Inhaltsstoffe beim Haarspray variieren gern und auch das Salz macht nicht immer das was man gerne möchte.

Schon seit einiger Zeit haben verschiedene Hersteller von Modellbaufarben dafür eigene Hilfsmittel im Programm – sogenannte Chipping Fluids – die genau für diesen Zweck formuliert wurden. Und tatsächlich funktioniert das sehr gut und liefert reproduzierbare Ergebnisse. Man hat inzwischen auch die Wahl aus verschiedenen Produkten. Im folgenden wurden die beiden Varianten von AK Interactive verwendet.

Am Anfang der Geschichte steht immer die Frage wie weit der Wagen zerlegbar ist, in dem Fall beginnend mit den Drehgestellen die zunächst ihrer Achsen beraubt werden. Das Verwenden von Zangen oder anderen Hilfsmittel um die Nasen zusammen zu drücken endet gerne darin das diese abbrechen. Die bessere Option ist die Gestelle mit gebührend vorsichtigen Drehbewegungen über die Zapfen zu hebeln.

Nicht mehr anfassen als nötig

Aus Styrodur entsteht eine kleine Haltehilfe um bei den weiteren Arbeiten das Modell nicht mehr anfassen zu müssen. Der Wagen bietet nicht all zu viele Optionen, hier kommt umgekehrt aufgeklebtes Malerband zum Einsatz das an den Seiten mit dem Klotz verklebt wird. Nur die Fläche auf der Nase mit den angrenzenden Schrägen klebt und hält den Wagenkasten erstaunlich sicher auf dem Klotz fest.

Zunächst muss der Wagen in den Zustand gebracht werden wie er ohne Kalk wäre. Üblicherweise ist das ein Ton etwas heller als die Farbe des Wagens. Zum Einsatz kommen Farben von Tamiya. In diesem Fall mischen wir zu 8 Teilen XF-9 (Rumpfbraun) ca. 3 Teile XF-2 (Weiß). Das ergibt ein etwas helleres Güterwagenbraun. Die Farbe wird dabei sehr stark verdünnt so das die Anschriften noch gut zu sehen sind. Mit ein wenig Isopropanol werden die Anschriften wieder frei gelegt. Dabei wischt der mit dem Lösungsmittel benetzte Pinsel vorsichtig über die jeweiligen Flächen von oben nach unten und macht die Anschriften wieder klar sichtbar. Ein leichter Farbrest ist dabei erwünscht und mit etwas Übung kann man direkt die ersten Ablaufspuren auf den Wagen bringen.

Das Heavy Chipping von AK Interactive ist relativ dickflüssig und kann gerade noch so mit einer 0.4mm Düse aufgesprüht werden. Ob der Pinsel hier besser geeignet ist gilt es noch herauszufinden. Bereiche wo die Farbe weiter gut haften soll deckt Malerband ab. Die Schicht sollte gut decken aber keine Tropfen bilden. Sobald das Fluid abgetrocknet ist sollte die Deckschicht aufgebracht werden. Grundsätzlich funktionieren sowohl Farben auf Wasserbasis als auch lösungsmittelhaltige Acrylfarben. Um etwas Schattierung in die Flächen zu bekommen wird das Weiß mit ein wenig Beige gebrochen und mit dem Airbrush deckend aufgebracht.

Ist die Farbe abgetrocknet wird die Fläche mit etwas Wasser angefeuchtet. Nach einer Weile beginnt sich die Farbe zu lösen und lässt sich mit dem Zahnstocher oder dem Borstenpinsel bearbeiten. Die Brösel lassen sich größtenteils mit etwas Luft aus dem Airbrush entfernen und der Rest nach dem Abtrocknen mit dem Zahnstocher. Trocknet das Wasser wird auch die Farbe wieder fest, kann aber auch erneut angefeuchtet werden. Insgesamt entstehen hier recht grobe Abplatzungen.

Grundsätzlich funktioniert das Chipping auch mit der zweiten Lösung desselben Herstellers. Die Konsistenz von Worn Effects ist dünner und lässt sich damit leicht mit dem Airbrush auftragen. Dafür sind auch mehrere Durchgänge erforderlich um eine deckende Schicht zu erzielen. Als Deckfarbe kommt hier lösungsmittelhaltige Farbe von Tamiya in den Airbrush, das XF-2 (weiß) wird mit etwas XF-20 etwa im Verhältnis 20:1 gebrochen. Die Farbschicht wird bei dieser Kombination viel homogener und widersteht dem Zahnstocher deutlich länger. Die Abplatzungen sind etwas feiner und die Krümel lassen sich leichter entfernen. Die Abplatzungen sind etwas kleinteiliger.

Ein immer wieder gern genutztes Stilmittel ist dry-brush. Den Namen erhielt die Technik da der Pinsel solange abgewischt wird bis die aufgenomme Farbe kaum noch im Pinsel enthalten ist. Grundsätzlich eigenen sich dafür fast alle Farben, aber neuerdings hat ein Hersteller hier eine Nische entdeckt und bietet eine eigene Formulierung an. Im Sortiment von AMMO of MIG findet sich der Ton Light Grey. Die Farbe ist dickflüssig eingestellt und trocknet eher schnell. Damit kann die Farbe auch zum erzeugen krustiger Strukturen verwendet werden. In Kombination mit dem Chipping lassen sich hier verschiedene Oberflächen erzeugen.

Je nach Betriebszustand sind die Wagen schon wieder mit frischem Kalkstaub eingefärbt. Die Bandbreite der Möglichkeiten sind enorm da sich auch Dreck und Staub auf den Wagen abwechselnd ablagern. Eine passende Mischung basiert auf den Farben XF-55 und XF-2 von Tamiya. Mögliche Varianten sind XF-20 oder XF-19. Die Seitenflächen sollen in diesem Fall keine Farbe abbekommen und werden mit einem Streifen Malerband abgeklebt.

Abschließende Arbeiten

Die Drehgestelle sollen auch etwas Kalk abbekommen. Um deren Plastizität zu erhöhen wird die Farbe schräg von oben auf die Seiten gesprüht so das die Unterseite weniger Farbnebel erreicht. Die Achsen erhalten einer Lackierung in einem mittleren Grau. Dabei sorgen O-Ringe in passender Größe dafür da die Lauflächen frei bleiben und die Rückmeldung über die Widerstände weiter funktionieren. Die Achsen wurden auf der Drehbank noch etwas überarbeitet und insbesondere die Spurkränze reduziert.

Ablaufspuren lassen sich mit ebenfalls dem trockenen Pinsel aufwischen. Auf einigen Bildern kann man erkennen das die Scharniere der Entladeklappen das Wasser sammeln und entsprechende Streifen auf den Klappen verursachen. Ziel ist an dieser Stelle nicht unbedingt das Vorbild genau zu treffen. Im Ganzzug ist manchmal auch ein wenig Überzeichnung erlaubt.

Ein kleiner Gag ist das Freistellen der Puffer. Durch die vorangegangenen Lackierschritte sind hier weiß und braune Schichten auf dem Teller. Mit etwas Isopropanol und einem Pinsel wird diese in der Mitte des Tellers angelöst und es entsteht fast von selbst die Patina die an dieser Stelle durch Fett, Kalk und Bremsabrieb zu erwarten ist.

Für die abschießende Schicht Patina sind bei Alterungen gerne Enamel Washes im Einsatz. In diesem Fall passen die sonst üblichen braun-schwarzen Farben nicht. Mit dem Naval hatte AK Interactive eher die Schliffart im Blick, aber der weiße Wash eignet sich hier sehr gut um einerseits weitere Akzente zu erzeugen und anderseits die verschiedenen Farbschichten zu überblenden. Mit Feuerzeugbenzin kann die Farbe auch wieder angelöst werden, wobei auf dem matten Untergrund meist ein Schleier zurück bleibt.

Das Vorbild dieses Wagen bietet genug Stoff für Varianten um die Gruppen oder Ganzzüge zu bereichern. Neben dem oben genannten Buch finden sich weiter Bilder auf Tosh-Railways.com (suche nach „UIC Code Tal„) und auf Bahnbilder.de (Stichwort „nach „Kalkzug“). Leider ist mit Dybas eine der besten Quellen für moderne Fahrzeuge vom netz gegangen. Mit der wayback-machine (Dybas Archive) lassen sich die meisten Informationen noch anzeigen, die Bilder sind aber nicht alle archiviert worden.

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